Was hilft Gold? Liga hofft nach WM auf Begeisterung

Der kurzzeitige Boom mit der historischen Krönung von Manila hat in Basketball-Deutschland große Hoffnungen ausgelöst – und lässt selbst Uli Hoeneß träumen.

«Es wäre mein großer Wunsch, dass sich durch diesen WM-Sieg vieles verändert. Ich würde mir wünschen, dass mehr Metropolen in der Basketball-Bundesliga mitspielen würden, Stuttgart, Köln, Dortmund. Ich hoffe, dass der ein oder andere Fußball-Traditionsverein sich jetzt damit beschäftigt», sagte Bayerns Ehrenpräsident Hoeneß der «Süddeutschen Zeitung».

Der 1. FC Köln oder Borussia Dortmund in der BBL? Das ist kurzfristig genauso utopisch wie ein ganz großer Hype mit permanent vollen Hallen und Bundesliga-Spielen zur besten Sendezeit bei ARD und ZDF. Eine Begeisterung wie einst die Tennis-Ikonen Steffi Graf und Boris Becker oder Formel-1-Rennfahrer Michael Schumacher dürften Gold-Kapitän Dennis Schröder und sein herausragend funktionierendes Team zwar nicht ausgelöst haben. Deutlich mehr Interesse und mediale Präsenz erwarten sich die Verantwortlichen aber trotzdem, wenn zweieinhalb Wochen nach dem großen WM-Coup am Mittwoch die Bundesliga-Saison beginnt.

Vier Weltmeister in der Bundesliga

«Die Liga profitiert sicher jetzt schon davon, weil es teilweise die Früchte der Arbeit der Vereine sind. Ich finde, wir sind alle auf einem sehr guten Weg», sagte Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic der Deutschen Presse-Agentur. «So wie wir uns entwickeln, kann man es unter das Motto ‚langsam aber sicher‘ stellen. Wir sind auf einem guten Weg und wir müssen auf diesem Weg bleiben.»

In Andreas Obst, Isaac Bonga und Niels Giffey (alle Bayern) sowie Alba Berlins Johannes Thiemann spielt künftig ein Titel-Quartett in der «Liga der Weltmeister». Dazu wechselt in Serge Ibaka ein ehemaliger NBA-Champion als einer der bisher größten Namen überhaupt in die Bundesliga – der Center läuft künftig für die Bayern auf. Da erscheinen auch Abgänge wie die von Bonns T.J. Shorts (nach Paris) oder Ulms Yago dos Santos (Roter Stern Belgrad) verkraftbar.

«Der WM-Titel gibt Schub und Rückenwind», sagte Liga-Geschäftsführer Stefan Holz vor dem Auftakt mit Meister Ratiopharm Ulm gegen die Niners Chemnitz. Das sogenannte Play-In-Turnier erinnert an die NBA, der Pokal wurde aufgestockt und reformiert, in Dyn wurde ein neuer Medienpartner gefunden – und das alles als Weltmeister. «Besser geht es ja nicht», schwärmte Holz. Schon im Vorjahr hatte Bronze bei der Heim-EM die Zahlen bei den Übertragungen spürbar steigen lassen. Der erhoffte große Boom blieb aber aus. Der WM-Titel von Manila ist nun aber ein noch deutlich größeres Pfund.

BBL-Präsident dämpft Erwartungen: «keinen Illusionen hingeben»

«Dass man das auf die Liga transferiert, ist kein Selbstgänger. Da brauchen wir weiter Basketball konstant auf einem hohen Niveau mit einer gewissen Kontinuität. Das muss nicht immer eine Goldmedaille sein», sagte Alba-Manager Marco Baldi. Wie der Basketball für wenige Tage in der WM-Finalwoche ins Rampenlicht rückte, gefiel allen Beteiligten. Plötzlich übertrug das ZDF live, die Tagesschau berichtete und die Sport-Schlagzeilen der Zeitungen und Portale wurden geprägt von Schröder und Co., deren WM-Triumph am 10. September medial gar mit dem Rauswurf von Fußball-Bundestrainer Hansi Flick konkurrierte.

Die Nationalmannschaft wird weiter als Aushängeschild für den deutschen Basketball fungieren. Ehrungen beim Sportpresseball oder den Sportlern des Jahres sowie das vorzeitig gelöste Ticket für Olympia in Paris 2024 dürften weitere Werbung sein. «Ein WM-Titel ist prädestiniert dafür, die Aufmerksamkeit nach oben zu fahren. Was man erwarten kann, ist, dass der Basketball in einem höheren Ausmaß in den medialen Fokus rücken wird. Das wird der Liga sicherlich guttun», sagte Sportdirektor Thorsten Leibenath von Meister Ulm. Deren Titel-Sensation und Bonns Champions-League-Erfolg waren schon vor dem WM-Spektakel Mutmacher für eine spannende und konkurrenzfähige Liga.

Die Leitung der Liga will sich trotzdem keinen Illusionen hingeben. BBL-Präsident Alexander Reil sagte bei der Auftakt-Pressekonferenz: «Wer jetzt glaubt, dass wir mit dem ersten Spiel doppelt so viele Zuschauer haben, der wird schiefliegen. Die Liga hat für ihre Arbeit die Früchte getragen. Der Erfolg kann helfen, unsere hochgesteckten Ziele zu erreichen. Aber wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen.» Es gebe auch nach der perfekten WM «noch viele weiße Flecken auf der Landkarte».

Patrick Reichardt, Lars Reinefeld und Manuel Schwarz, dpa