Schröders größtes Spiel um Gold und Respekt

Der denkwürdige Abend mit dem spektakulären Sieg über das Basketball-Schwergewicht USA raubte Dennis Schröder den Schlaf. Weil seine Familie um Frau Ellen im Hotelzimmer bereits schlief und er unbedingt noch eine Botschaft an seine Fans loswerden wollte, schlich der Kapitän der Nationalmannschaft mitten in der Nacht über den Hotelflur von Manila.

«Alle Leute, die an mich geglaubt haben: Ich küsse eure Herzen. Wir haben sehr hart dafür gearbeitet, dass wir Geschichte schreiben können. Jetzt haben wir Geschichte geschrieben», sagte Schröder. «Das bedeutet mir so viel.»

Doch die Geschichte ist nicht beendet. Am Sonntag (14.40 Uhr/ZDF und Magentasport) können sich die Basketballer in der Mall of Asia Arena gegen Serbien erstmals zum Weltmeister krönen – der 29 Jahre alte Schröder würde seinen Platz im deutschen Basketball-Geschichtsbuch damit endgültig zementieren. «Ich kann immer noch nicht schlafen, weil es so heftig ist», sagte er nach dem packenden Halbfinale in dem Video, das er auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichte. Der Sieg über die USA, den Schröder anführte, war der wohl beeindruckendste in der Verbandsgeschichte.

Lob als exzellenter Anführer

Schröder kann mit seinen «Jungs» ein Jahr nach EM-Bronze im eigenen Land etwas schaffen, was nicht einmal die nationale Ikone Dirk Nowitzki als Anführer des damaligen Nationalteams vollbracht hat: eine goldene Trophäe nach Deutschland zu bringen. Intern loben ihn alle Kollegen und Trainer als exzellenten Anführer. Doch Bundestrainer Gordon Herbert fordert noch mehr Wertschätzung für Schröder. 

«Er bekommt nicht genug Anerkennung, für die Art und Weise, wie er das Team führt. Aber auch, wie er andere einsetzt in der Offensive und den Ball führt. Gegen die USA hat er, was das angeht, ein Statement gesetzt», sagte Herbert vor dem Finale bei Magentasport. Der Chefcoach und sein Kapitän hielten in diesem Sommer stets zusammen. Sowohl nach der heftigen Schröder-Kritik an Maximilian Kleber, der daraufhin die WM absagte – als auch nach einem ordentlichen Zwist im WM-Spiel gegen Slowenien. Auch nach dem sehr schwachen Viertelfinale gegen Lettland stellte sich Herbert demonstrativ vor Schröder.

Sympathien erst erarbeitet

Schröder und Nowitzki, die beiden großen deutschen Basketball-Figuren des 21. Jahrhunderts, sind von Grund auf verschieden. Während Nowitzki mit seiner bodenständigen und zuvorkommenden Art schnell zum Publikumsliebling wurde, musste sich der häufiger etwas forsch auftretende Schröder viele Sympathien erst erarbeiten. Wie der Spielmacher nach außen wirkt und wie er sich in der Öffentlichkeit selbst darstellt, stößt auch heute noch auf Kritik. Protz ist bei Schröder Teil des Programms.

An seiner exponierten Basketball-Rolle für das deutsche Nationalteam hat er mit herausragenden Leistungen und seiner jährlichen Bereitschaft, nach einer langen NBA-Saison auch den Sommer zu opfern, längst alle Zweifel zerstreut. Seine Rolle als Anführer hat er verinnerlicht, über den faszinierenden Zusammenhalt in den WM-Tagen sagt er: «Was würde ich geben, mit all den zwölf Jungs in der NBA spielen zu dürfen? Dafür würde ich sehr, sehr viel geben.» Soweit wird es nicht kommen, aber am Sonntagabend könnten die zwölf Jungs in Manila zum Weltmeister werden. 

Von Patrick Reichardt und Lars Reinefeld, dpa