Mit seiner Kernkompetenz abseits des Basketballs kann Moritz Wagner auf der japanischen Trauminsel permanent glänzen. Ob in der Kabine von Okinawa, beim Kartenspiel mit Dennis Schröder oder beim Treffen mit den weit gereisten Fans: Wagner quasselt unentwegt – er gibt das gerne und mit einem breiten Grinsen zu.
«Quatsche halt ganz gerne»
«Ich bin, wie ich bin, ich laber viel, ich denke nicht immer sofort nach. Ich versuche immer gut drauf zu sein. Ich quatsche halt ganz gerne. Ich glaube, das nehmen Leute als Energie wahr», sagte der 26-Jährige vor der entscheidenden WM-Phase, die am Freitag (10.30 Uhr/Magentasport) mit dem Zwischenrundenauftakt gegen Georgien beginnt. Ein Sieg könnte bereits reichen, um die Finalrunde in der philippinischen Hauptstadt Manila zu erreichen. Voraussetzung ist, dass Slowenien den Olympia-Dritten Australien schlägt (14.10 Uhr).
Der ältere der beiden Wagner-Brüder kennt das Umfeld bei der Nationalmannschaft bestens. Bei Olympia 2021 war er aktiv dabei, 2022 begleitete er das Team in Köln und Berlin trotz eigener Verletzung durch die Heim-EM. Doch die jetzige Rolle, die nicht nur sportlich wichtig ist, gefällt ihm deutlich besser. «Verletzt sein ist scheiße, um das mal auf Deutsch zu sagen. Das ist ein emotionaler Struggle, den man da hat. Auch wenn das Team gut spielt, ist man gefangen. Das ist eine große Herausforderung», beschreibt Wagner seine emotionalen Leiden des Vorjahres. Am Spielfeldrand wirkte er streckenweise wie ein Maskottchen.
Schröder: «Eine tolle Familie»
Ein starker und verlässlicher Großer wie Wagner (2,11 Meter) fehlte womöglich, als im verlorenen Halbfinale gegen Spanien ein noch größerer Erfolg als EM-Bronze verspielt wurde. Angesprochen auf das Brüder-Paar Moritz und Franz müssen im deutschen Team fast alle grinsen. Es sei lustig, es sei unterhaltsam, es handle sich um «eine tolle Familie», wie Kapitän Schröder jüngst über die Brüder und deren nach Japan gereiste Eltern anmerkte. Die Zuschreibungen sind dabei meist ähnlich: Der jüngere Franz (22) gilt als eher zurückhaltend, der ältere Moritz wirkt ziemlich aufgedreht und plappert gerne ungefiltert los.
Auf ihren WM-Trikots tragen sie, wie einst die hochdekorierten spanischen Gasol-Brüder Pau und Marc, ihre Vornamen. Der aktuell angeschlagene Jungstar Franz Wagner gilt nach gerade einmal zwei NBA-Jahren bei den Orlando Magic als angehender Superstar, sein sportlicher Wert ist immens. Doch sein Bruder hat neben seinen Basketball-Skills, die er mit 25 Punkten gegen Japan eindrucksvoll bewies, einige weitere Vorzüge.
«Jedes Mal, wenn Moritz in einem Team ist, führt er das Team emotional an. Er bringt sehr, sehr viel Energie. Ich glaube, er hat generell intangibles, wie man in Amerika sagt. Er hat viele Sachen, die man nicht unbedingt messen kann, die aber zum Erfolg beitragen», sagte Franz über Moritz Wagner. Das Duo spielt nicht nur für Deutschland zusammen, sondern auch für die Magic in der NBA. Spricht man Anführer Schröder auf den älteren Wagner an, fällt diesem direkt das Wort «Trashtalking» ein. Heißt: Er hält die Kollegen bei Laune, indem er Quatsch von sich gibt.
Den freien Tag genutzt
Dass es während einer WM auch noch etwas Zeit für die Familie gibt, gefällt den Wagners besonders gut. Den freien Mittwoch nutzten sie, um mit ihren Eltern zum Strand zu fahren und die beliebte japanische Urlaubsinsel zu erkunden. «Das war ganz entspannt. Ich habe nicht so viel über Basketball nachgedacht», sagte Moritz Wagner, der wie sein Bruder Franz in Berlin aufgewachsen ist. Vater Axel und Mutter Beate sind auf der Tribüne auch in den TV-Übertragungen präsent und feiern leidenschaftlich die Siege der Söhne.
Dass sich eine Startformation ohne ihn gebildet hat, stört Moritz Wagner nicht. Co-Kapitän Johannes Voigtmann und Daniel Theis beginnen bei Bundestrainer Gordon Herbert, Wagner kommt als sechster Mann von der Bank. «Das ist mein Job, dafür werde ich bezahlt. Ich finde das mit Starter und Bank generell überbewertet. Wir gewinnen, der Rest interessiert nicht», sagte Wagner.