Seit dem historischen WM-Triumph von Manila kommt Andreas Obst mit den Terminen nicht mehr hinterher. Feierlicher Basketball-Empfang in Frankfurt, Gast bei einer Hochzeit in Bamberg, zu Besuch bei Harry Kane und Co., geehrt von Ministerpräsident Markus Söder, zwischendurch wild feiernd im Zelt auf dem Münchner Oktoberfest sowie zugeschaltet im «Aktuellen Sportstudio» des ZDF.
Als der neue Basketball-Star unmittelbar vor dem Saisonstart seiner Bayern gefragt wurde, wo er derzeit sei, antwortete Bayern-Profi Obst ganz trivial: «Ich bin derzeit in München.»
Das ist nicht selbstverständlich, denn der 27-Jährige hat sehr wilde Wochen hinter sich. Beim erstmaligen deutschen WM-Titel auf den Philippinen wurde Obst mit 24 Punkten gegen die USA im Halbfinale zum umjubelten Matchwinner. Kommentatoren verglichen den Dreierspezialisten direkt – und etwas übertrieben – mit Starspieler Stephen Curry, der vier NBA-Meisterschaften auf dem Konto hat.
Auftakt gegen den MBC
Dessen Vereinstrainer Steve Kerr gestand nach der erstaunlichen Niederlage seines US-Teams mit zwölf NBA-Profis unumwunden ein: «Ich denke, dass Obst der Schlüssel zum Sieg für die Deutschen war.» An der Seite von Fußball-Star Kane und hochgelobt von Michael Jordans ehemaligem Teamkollegen Kerr: Das ist vor dem Bundesliga-Auftakt gegen den Syntainics MBC am Freitag (20.00 Uhr/Dyn) die neue Basketball-Welt von Andreas Obst.
Dementsprechend schnell entstanden Gerüchte, ob der 1,91 Meter große Flügelspieler mit diesen Fähigkeiten nicht einer für die NBA wäre. «Vor ein paar Jahren konnte er nur werfen. Jetzt hat er das komplette Paket», sagte Mannschaftskapitän Dennis Schröder über Obst, der selbst zügig alle Spekulationen wegwischte. Obst beantwortete selbst abenteuerliche Fragen (braucht er ein neues Bankkonto für die nun bevorstehenden Gehaltszahlungen?) nüchtern und verwies auf seinen bis 2026 gültigen Vertrag in München. So geht er neben Isaac Bonga, Niels Giffey (beide Bayern) sowie Johannes Thiemann (Alba Berlin) als einer von vier Weltmeistern in die neue Saison.
Obst hat sich in diesem Sommer einen Namen in der Basketball-Welt gemacht. Zu den Motiven der überraschenden Verpflichtung von Ex-NBA-Meister Serge Ibaka sagte Bayerns Geschäftsführer Marko Pesic jüngst mit einem Lachen: «Er wollte unbedingt mit Andi spielen.» Während sich Funktionär Pesic eher einen Scherz erlaubte, erzählte der neue Bayern-Coach Pablo Laso über das vergangene Wochenende: «Letztens in Athen haben wir einen Kaffee getrunken, und da kam plötzlich jemand und sagte: Herr Obst, ich habe ihr Spiel gegen die USA gesehen.» Das sei nicht nur gut für Obst, sondern auch für das ganze Team.
Euroleague immer das Hauptziel
Obst spielte in Deutschland unter anderem schon für Gießen, Bamberg, Gotha, Ulm – und nun in München. In die große Welt zieht es ihn eher nicht. Auf die NBA angesprochen, sagte er im «Bayerischen Rundfunk»: «Klar ist das für jeden Basketballer ein Traum. Für mich hat das aber nie so diese Rolle gespielt. Ich wollte immer auf europäischem Toplevel spielen. Die Euroleague war für mich immer das Hauptziel. NBA ist jetzt nicht so das, worüber ich gerade rede.»
Nach dem WM-Turnier hatte der deutsche Basketball-Held quasi keine Pause. Und nun wartet die nächste Saison mit 34 Bundesliga-Spielen und 34 Euroleague-Spielen, bevor die Playoffs in beiden Wettbewerben beginnen. «Ich versuche, nicht zu weit vorauszuschauen. Klar weiß man, dass alles eine ordentliche Belastung ist», sagte Obst. Wenn die anstehende Saison mit rund 80 Pflichtspielen vorbei ist, warten die Olympischen Spiele in Paris. «Das mit Olympia» sei «alles ein Problem von morgen», sagte Obst ganz gelassen. Er sei zunächst «euphorisch und optimistisch», wieder mit dem FC Bayern starten zu dürfen.