Uli Hoeneß erlebte allerbeste Unterhaltung. Erst lag sein FC Bayern deutlich vorne, dann deutlich hinten, anschließend gab es eine Verlängerung, eine zweite Verlängerung – und dann hatte der Basketball-Topfavorit aus München die Pokal-Tortur doch noch für sich entschieden.
Mit 104:102 (91:91, 84:84, 49:36) nach 50 Minuten Spielzeit gewann das Team von Andrea Trinchieri gegen die furios aufspielenden Gäste von Ratiopharm Ulm. Daran änderte auch ein Protest der Ulmer nichts.
Im Finale bekommt es Bayern am Sonntag (15.00 Uhr/Magentasport) mit Dauerrivale Alba Berlin zu tun. Der Double-Sieger gewann am Abend das zweite Halbfinale gegen die BG Göttingen mit 112:96 (55:49) und darf damit weiter auf eine Titelverteidigung hoffen. Ehrenpräsident Hoeneß war zu später Stunde längst aus der Halle verschwunden, dürfte nach diesem Krimi seines Herzensclubs am Sonntag aber gerne wieder Platz im coronabedingt menschenleeren Audi Dome nehmen.
«Das Spiel war fast schon weg, aber wir sind wieder zurückgekommen. Normalerweise können solche Spiele mit einem Desaster enden», sagte Bayerns Trainer Trinchieri, dem die Zitterpartie in der anschließenden Pressekonferenz deutlich anzusehen war. Als wären zwei Verlängerungen nicht packend genug, folgte nach Abpfiff noch ein Protest der Ulmer, weil ein Bayern-Spieler nach seinem fünften Foul noch für ganz kurze Zeit auf dem Feld stand.
«Die Referees haben es versäumt. Ich weiß nicht, ob es eine Sanktion gibt. Ganz ehrlich, ich erwarte keine Sanktion. Aber lassen wir uns überraschen», kommentierte Ulms Coach Jaka Lakovic. Am späten Samstagabend teilten die Bayern-Basketballer mit, der Protest sei abgewiesen worden. Das Pokalturnier an sich hatte eigentlich schon vor vier Wochen über die Bühne gehen sollen – bevor zwei Corona-Fälle bei Göttingen eine Verschiebung erforderlich machten.
So war diesmal auch Hoeneß dabei, der im weißen Hemd und neben Frau Susi kräftig mitfieberte, während Fußballer Robert Lewandowski im Spiel beim SC Freiburg (2:2) am Nachmittag ein Stück Geschichte schrieb und den 40-Tore-Rekord von Gerd Müller einstellte.
Immerhin: Auch ohne Fußball bekam Hoeneß extreme Spannung geboten. Die Bayern hatten in den letzten Ligapartien einige Spieler geschont, weil sie in der laufenden Spielzeit ein XXL-Programm mit alleine 39 Begegnungen im Europapokal zu absolvieren hatten. Am Samstag waren die zuletzt geschonten Vladimir Lucic (24 Punkte) und Wade Baldwin (20) wieder an Bord. «Das war ein verrücktes Spiel», befand Lucic. «Am Ende haben wir es irgendwie geschafft zu gewinnen.»
«Sie treten heute mit der besten Lineup an, die sie in der Bundesliga aufbieten können, und das merkt man», sagte Ulms Sportdirektor Thorsten Leibenath. Sein Team hielt erstklassig dagegen, startete ein großes Comeback und musste sich nur denkbar knapp geschlagen geben. Ulm hatte einen 13-Punkte-Rückstand wettgemacht und dann zeitweise deutlich geführt. Troy Caupain (24 Punkte) und Andreas Obst (23) spielten exzellent, doch die Bayern hatten immer wieder eine Antwort.
Eine solche Dramatik gab es im zweiten Halbfinale nicht. Die klar favorisierten Berliner zogen von Beginn an davon und führten schon nach zehn Minuten mit 24:14. Alba-Coach Aito Garcia Reneses konnte in der zweiten Halbzeit schon etwas rotieren und somit in seinem Team Kräfte sparen für das Endspiel gegen die Bayern. Bester Berliner Werfer war Johannes Thiemann mit 24 Zählern.