Dirk Nowitzki ist bei der EM in Deutschland dabei. Zwar nicht als Spieler, aber als Botschafter des Turniers. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht die Basketball-Legende über das Turnier im September, die deutschen NBA-Profis und die sportlichen Aktivitäten seiner Kinder.
Herr Nowitzki, vor dem EM-Auftakt wird ihr Trikot in der Kölner Arena unter das Hallendach gezogen. Haben Sie so etwas jemals erwartet und was bedeutet Ihnen das?
Dirk Nowitzki: Nein, damit habe ich niemals gerechnet. Das Event in Dallas war ein unglaubliches Erlebnis und danach hat sich der Verband gedacht, das machen wir jetzt auch in Deutschland. Das hat mich natürlich riesig gefreut. Ich hoffe natürlich, dass wie in Dallas noch einmal meine ganze Familie dabei sein kann, das wird dann noch einmal sehr emotional.
Nach ihrem Rücktritt aus der Nationalmannschaft 2015 war auch mal ein Abschiedsspiel im Gespräch. Warum ist es dazu nie gekommen?
Nowitzki: Das war nie so mein Ding, ich wollte das auch gar nicht. Als ich nach 21 Jahren meine Karriere in der NBA wirklich beendet hatte, da hat es mir dann auch gelangt. Da habe ich dann erst einmal total Abstand genommen und alles gegessen und getrunken, was mir in den Weg gekommen ist. Und dann noch einmal ein Spiel zu machen, wo ich total unfit war, rumgestolpert wäre, mit zehn Kilo zu viel, da habe ich gesagt, das muss ich nicht haben.
Wie sieht Ihre Rolle als EM-Botschafter genau aus?
Nowitzki: Ich werde jetzt keine Rolle direkt bei der Mannschaft haben, dafür bin ich über das Jahr hinweg in den USA viel zu weit weg. Ich werde mehr bei der Organisation und Promotion helfen. Ich bin ja auch Botschafter für das ganze Turnier und werde vielleicht auch noch das eine oder andere Spiel in anderen Ländern schauen. Ich will versuchen, ein bisschen Hype zu kreieren und die Hallen voll zu machen.
Haben Sie denn Kontakt zu den Deutschen in der NBA?
Nowitzki: Wenn die Jungs mal einen Tipp brauchen, bin ich immer gerne bereit, zu helfen. Den Maxi Kleber in Dallas sehe ich ja praktisch täglich. Dennis Schröder und ich schreiben uns hin und wieder. Ich hoffe einfach, dass sie alle spielen können und wir eine richtig starke Mannschaft bei der EM hier in Deutschland haben.
Wie nehmen Sie die Situation von Dennis Schröder aktuell wahr? Es lief ja zuletzt nicht ganz so glücklich für ihn.
Nowitzki: Der Sommer war etwas bitter, er hat auf sich sehr hoch gewettet. Ich hoffe, dass er im Sommer wieder einen neuen, guten Vertrag aushandeln kann. Dass er das Jahr gut zu Ende bringt und gesund bleibt und dann einen guten Sommer mit der Nationalmannschaft spielen kann. Ich hoffe, dass er im Sommer einen langfristigen Vertrag unterschreiben kann.
Würden Sie ihm empfehlen, als Gesicht des Neuaufbaus in Houston zu bleiben?
Nowitzki: Er muss selber wissen, welche Situation zu ihm am besten passt. Ich glaube, dass Houston auf dem aufsteigenden Ast ist, sie haben viele junge gute Leute. Mit ihnen wird in der Zukunft zu rechnen sein. Die Stadt ist gut, der Coach auch. Ich glaube, dass er da ein gutes Umfeld hat. Aber das muss er selbst entscheiden.
Von den Deutschen sorgt vor allem Franz Wagner für Furore. Wie sehen Sie ihn und haben Sie Kontakt zu ihm?
Nowitzki: Ich spreche eher mit seinem Bruder Mo. Den Franz kenne ich nicht so richtig gut. Ich muss sagen, dass er mich in seinem ersten Jahr echt beeindruckt hat. Ich habe ihn am College nicht so verfolgt. Ich war echt überrascht, wie solide er spielt, wie gut sein Allroundspiel ist. Da lässt sich drauf aufbauen.
Wie wichtig kann seine Rolle bei der EM schon sein?
Nowitzki: Wenn er sich in der NBA so durchgesetzt hat, dann kann er auch bei der EM eine richtig wichtige Rolle spielen.
Die Mavericks waren zuletzt auch viel in den Schlagzeilen. Der ehemalige General Manager Donnie Nelson verklagt den Club und hat Club-Boss Mark Cuban attackiert. Muss man sich Sorgen machen?
Nowitzki: Ob man sich Sorgen machen muss, weiß ich nicht. Ich kann zu der Situation aktuell nichts sagen, weil es ein laufendes Verfahren ist. Sportlich läuft es zum Glück gut. Es freut mich vor allem, dass Jason Kidd als Coach so einen tollen Job macht. Als wir die Entscheidung getroffen haben, ihn als Trainer zu holen, hat es ja auch viel Kritik gegeben.
Luka Doncic werden Sie vor der Reise zur EM dann aber schon sagen, dass er sich ein bisschen zurückhalten soll, oder?
Nowitzki: Na klar. Luka blüht immer total auf, wenn er für Slowenien spielt. Der kommt dann nach Hause und spielt mit seinen alten Kumpels. Da zocken alte Kollegen miteinander und haben Spaß.
Fast so wie bei Ihnen damals …
Nowitzki: Genau, so war es bei mir damals auch immer mit unserem 78er-Jahrgang. Es freut mich für Luka und es ist natürlich toll, dass wir mit Luka einen der besten Spieler der Welt bei der EM hier in Köln präsentieren können. Aber gegen Deutschland soll er dann ein bisschen halblang machen.
Ihre Kinder treiben auch fleißig Sport. Sehen wir einen kleinen Nowitzki irgendwann mal im Profisport?
Nowitzki: Ich will da keinen Druck aufbauen. Wenn ihnen etwas Spaß macht, dann werde ich das natürlich unterstützen. Die beiden Jungs spielen Tennis und Fußball und das macht Ihnen Riesenspaß. Die Tochter macht mehr Tennis und Gymnastik. Sie machen das alles sehr gerne, aber ich werde da nichts forcieren. Auch nicht in Richtung Basketball. Das müssen sie dann schon selbst sehen, wenn sie alt genug sind. Sie müssen ihre Passion finden, weil nur dann quälst du dich, gibst wirklich dein Bestes und holst alles aus der raus.
Was geht für Sie sportlich überhaupt noch?
Nowitzki: Ich fahre ein bisschen Rad, um mich fit zu halten, spiele ein bisschen Tennis, das macht mir viel Spaß. Basketball wird in meinem Leben glaube ich nichts mehr, abgesehen von hier und da ein bisschen werfen. Aber ich werde nie mehr rauf und runter laufen. Ich habe schon ein paar Wehwehchen davon getragen nach über 20 Jahren Profisport, aber das ist glaube ich auch normal.
Hätten Sie lieber ein, zwei Jahre früher Schluss machen sollen?
Nowitzki: Das weiß man nicht. Ich habe in dem Podcast mit Toni Kroos ein bisschen darüber philosophiert und das stand dann natürlich überall in den Medien. Ob 19 statt 21 Jahre Profisport wirklich einen so großen Unterschied gemacht hätten, das weiß ich nicht. Man lernt damit umzugehen, so weit so gut.
Zur Person: Dirk Nowitzki ist der beste Basketballer, den Deutschland je hatte. Mit Dallas gewann er 2011 den NBA-Titel, mit Deutschland 2002 WM-Bronze und 2005 EM-Silber. Bei der EM in diesem Jahr ist er Botschafter des Turniers, das unter anderem in Köln und Berlin stattfindet.