Als es nach dem Olympia-Aus recht schnell um die Frage nach seiner Zukunft ging, wurde Henrik Rödl ganz schmallippig. «Nein», antwortete der Basketball-Bundestrainer kurz. Noch sei nicht geklärt, wie oder ob es für den Ex-Nationalspieler beim Deutschen Basketball Bund weitergeht.
«Wir werden uns zusammensetzen, das haben wir so vereinbart», sagte der 52-Jährige dann noch. Verbandspräsident Ingo Weiss bestätigte das der Deutschen Presse-Agentur in Japan: «Henrik Rödl ist bis zum 31. August Bundestrainer. Wir werden im August noch miteinander reden, wie es weitergeht.» Nach vier Jahren erscheint eine gemeinsame Zukunft allerdings unwahrscheinlich.
«Ein ganz besonderer Sommer»
Dabei hat Rödl in diesem Jahr mit der Olympia-Qualifikation etwas geschafft, was noch vor wenigen Wochen kaum jemand für möglich hielt. Deswegen wich der Frust am Dienstag auch schnell dem Stolz auf das Erreichte. «Das war ein ganz besonderer Sommer», sagte Rödl nach dem 70:94 (37:44) gegen die übermächtigen Slowenen. Der Europameister mit dem genialen Lenker Luka Doncic war am Dienstag in Saitama mindestens eine Nummer zu groß, das erstmalige Erreichen eines olympischen Halbfinals für ein deutsches Team nie realistisch. Und trotzdem sagte Rödl nach seinem vielleicht letzten Spiel als Cheftrainer: «Jeder geht hier raus mit erhobenem Kopf und breiter Brust.»
Alleine unter den besten zwölf Vertretern der Welt zu sein, war für das Team des Deutschen Basketball Bunds ein riesiger Erfolg. Das erste Mal dabei seit 2008, das erste Mal seit 1992 sogar in der K.o.-Runde. Und das, obwohl gestandene NBA-Profis wie Dennis Schröder, Daniel Theis oder Maximilian Kleber nicht zur Verfügung standen. «Ich gehe mit einem guten Gefühl nach Hause, dass sich die ganze Ackerei gelohnt hat», sagte Flügelspieler Danilo Barthel: «Wir haben Basketball-Deutschland gut vertreten.»
Slowenien um Doncic zu stark
Die DBB-Auswahl stand vor leeren Rängen in der Saitama Super Arena erst zum dritten Mal überhaupt in der Runde der besten Acht bei Olympia. 1984 in Los Angeles gab es das Aus gegen Gastgeber USA, acht Jahre später in Barcelona war die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten zu stark. In Japan reichte ein Sieg in der Vorrunde gegen Nigeria, um sich als einer der zwei besten Gruppendritten für den Kampf um die Medaillen zu qualifizieren. Die beiden Begegnungen gegen Italien und den Medaillenkandidaten Australien gingen verloren.
«Bis heute hatten wir in den Spielen immer eine Siegchance und haben uns gut präsentiert», bilanzierte Rödl. Gegen Slowenien sah es anders aus: «Das war ein Gegner, den wir hier am Ende nicht unter Kontrolle bekommen konnten.» Maodo Lo war mit elf Punkten der beste Werfer im deutschen Team, auf der anderen Seite ragten Zoran Dragic (27) und NBA-Superstar Doncic (20) von den Dallas Mavericks heraus.
«Man kann nicht erwarten, dass man so jemanden komplett ausschaltet», sagte Rödl zum derzeit vielleicht besten Spieler der Welt. Seit 2017 ist der Trainer im Amt. Vor der Olympia-Qualifikation Anfang Juli galt es als offenes Geheimnis, dass der DBB mit Blick auf die Heim-EM 2022 mit einer Vorrunde in Köln und der Endrunde in Berlin einen neuen Coach sucht. DBB-Präsident Weiss kommentierte das nicht, sagte nur: «Wir werden alles in Ruhe bereden und dann auch in Ruhe mitteilen. Wir überlegen gemeinsam, wie es weitergeht.»
Rödl und Co. noch bis Freitag in Tokio
Doch egal, wer künftig an der Seitenlinie stehen wird, die Zukunft des deutschen Basketballs dürfte eine gute werden. «Wenn wir das viele Talent, das hier teilweise gefehlt hat, wieder zusammenbringen können, dann kann man vielleicht nochmal den nächsten Schritt gehen», sagte auch Rödl. Der gerade in die NBA gedraftete Franz Wagner (19) ist nur einer der Kandidaten mit Aussicht auf eine große Zukunft.
Die aktuelle Mannschaft wird noch bis Freitag in Tokio bleiben. Der Weltverband Fiba sorgt vor, falls in anderen Teams Corona-Fälle auftreten und diese nicht mehr spielen können. Rödl und Co. wollen die letzten Tage genießen. Aufgrund der strengen Corona-Regeln sind Besuche bei anderen Sportarten zwar nicht gestattet, aber: «Ich gucke mir im Fernsehen alles an, was läuft. Interesse habe ich in alle Richtungen», sagte Rödl. Es sei «ein Traum in Erfüllung gegangen, dass wir es so unerwartet zu Olympia gekommen sind», betonte er noch einmal: «Wir sind super stolz, hier dabei gewesen zu sein.»